LV Baden-Württemberg: Landesheimbauverordnung belastet


01.11.2016 - Die Problematik der Landesheimbauverordnung belastet alle stationären Einrichtungen in Baden-Württemberg, berichtet die DVLAB-Landesvorsitzende Claire Désenfant aus Freiburg. Désenfant wörtlich:

"Der Druck auf die Einrichtungen und auf die pflegebedürftigen Menschen wächst – die Enttäuschung in der neuen Landesregierung ebenso. Dabei hatte die Regierungserklärung zunächst durchaus Anlass zu vorsichtigem Optimismus gegeben, denn die Landesheimbauverordnung sollte im Hinblick auf Erleichterungen überprüft werden.

Aber weit gefehlt!

Zur Erinnerung: Diese unsägliche Verordnung stammt von der CDU. Die SPD hat sie verteidigt. Die Grünen, Hoffnungsträger der stationären Pflege, drängen nun auf ihre Umsetzung.

Danach dürfen stationäre Einrichtungen ab 2019 keine Doppelzimmer mehr haben.
➤ UND darüber hinaus müssen die Einzelzimmer in Wohngruppen von höchstens 15 Personen oder alternativ in Wohnungen von höchstens acht Personen aufgeteilt werden.
➤ UND außerdem muss jedes (Einzel-)Zimmer mindestens 14 m2 groß sein (ohne Flur und Vorflur) UND eine lichten Breite von mindestens 3,20 m besitzen.
➤ UND auch Tandembäder sind verboten.
➤ UND diese Vorschriften gelten auch für bestehende Häuser.

Bestandschutz? Fehlanzeige. Einzelne Ausnahmeregelungen können erlassen werden, wenn die Häuser erst kurz vor Erlass der Verordnung ans Netz gingen oder denkmalgeschützte Häuser sind. Dennoch, auch da müssen die Träger zeigen, dass sie grundsätzlich alles tun, um diese Verordnung umzusetzen.

Die Folgen: Jeden Tag bekommen stationäre Einrichtungen in Baden-Württemberg mehrere Anfragen von pflegebedürftigen Menschen, die dringend einen Platz suchen. Die Sozialdienste der Krankenhäuser drehen am Rad. An eine geplanten Kurzzeitpflege ist nicht mehr zu denken. Die Einrichtungen können nicht in dringend benötigte neuen Plätzen investieren, sondern müssen Umbauten finanzieren. Diese werden recht kostspielig, denn der Bestandschutz zum Brandschutz gilt beim Umbau nicht mehr.

Das zieht einen ganzen Rattenschwanz nach sich. An manchen Tagen habe ich völlig verzweifelte Angehörige am Telefon. Beispielsweise muss ein Vater oder eine Mutter das Krankenhaus verlassen, kann aber unmöglich nach Haus. Hilfe ist dringend, zumindest für kurze Zeit, nötig. Viele Einrichtungen sind überbelegt und riskieren die Konsequenzen seitens Pflegekassen und Heimaufsicht. Sollen denn die Menschen ohne Unterstützung bleiben?

Mittlerweile erkläre ich ohne Umschweife den Anfragern die Ursache der Not. Vom grünen Schreibtisch aus entscheiden gesunde Menschen ohne Sachverstand, dass jeder ein großes Einzelzimmer bekommen soll. Wie jemand zu Hause gelebt hat, spielt keine Rolle. Ob sich jemand in einem Doppelzimmer nicht sogar wohler fühlen würde, spielt auch keine Rolle.
Ich habe dieses Jahr fünf Paare in meiner Einrichtung gehabt – soll ich sie ab 2019 trennen? Teilweise wird sogar darüber diskutiert, ob eine bestehende Wand um 10 cm verschoben werden soll oder nicht, damit die lichte Breite von 3,20 cm erreicht wird. Was treibt denn unsere Politiker? Wo bleibt der gesunde Menschenverstand?

Wir brauchen dringend mehr stationäre Plätze. Die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen wächst bekanntlich immer mehr. In Baden-Württemberg stagniert das Angebot und die Preise steigen enorm. Denn diese Investitionen müssen freilich refinanziert werden. Nur – die Folgekosten der zusätzlichen brandschutzbedingten Investitionen will niemand tragen. Diese hätten schließlich nicht direkt mit der Landesheimbauverordnung zu tun, heißt es. Wenn das alles nicht so bitte wäre, würde ich darüber eine Posse schreiben.

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