PUEG: Erste Debatte im Bundestag


29.04.2023 - Zur sogenannten "Pflegereform" der Bundesregierung ist am 27. April 2023 die erste Beratung im Bundestag gelaufen. Sie hat zu einer kontroversen Grundsatzdebatte über die Frage geführt, wie die soziale Pflegeversicherung langfristig organisiert und finanziert werden soll.

In Redebeiträgen aus der Opposition wurde bemängelt, dass die Finanzierung der Pflegeversicherung nicht nachhaltig sei. Angesichts der demografischen Entwicklung und der immer höheren Kosten müsse die Pflege neu aufgestellt werden.

Die Bundesregierung und Redner*innen der Ampelkoalition räumten ein, dass über eine grundsätzliche Weichenstellung in der Pflege beraten werden müsse. Der vorliegende Entwurf sei ein Kompromiss, der in den Beratungen noch verändert werden sollte. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Initiative „zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – PUEG)“ gemeinsam mit einem Antrag der Linken mit dem Titel „Gute Pflege stabil finanzieren“ in den Gesundheitsausschuss.

Schlaglichter auf die Debatte

▶︎ Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) sagte, die Langzeitpflege stehe vor wichtigen Herausforderungen. Er betonte zudem, in der Pflegeversicherung werde ausgesprochen effizient gearbeitet, die Qualität sei hoch, das System brauche aber einfach mehr Geld. Lauterbach bezeichnete die Pflege als den am stärksten wachsenden sozialen Bereich, er sei aber latent unterfinanziert. Daher müsse der paritätisch getragene Beitrag maßvoll angehoben werden. Der Minister wollte nach eigenen Angaben nichts beschönigen oder verschweigen und fügte hinzu: „Wir sind, was die langfristige Finanzierung der Pflege angeht, an einem Wendepunkt.“ Das System könne nicht dauerhaft so ausgebaut werden. Er kündigte einen Vorschlag dazu im kommenden Jahr an. Dabei werde es etwa um die Frage der Steuerfinanzierung gehen, eine mögliche Vollkaskoversicherung oder auch die Bürgerversicherung. Lauterbach versprach "eine Reform aus einem Guss".

▶︎ Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen) unterstrich, dass die Pflege nicht nur Rückhalt im Parlament, sondern auch des Finanzministers benötige. Sie warnte davor, die Herausforderungen der Zukunft durch die höhere Zahl an Pflegebedürftigen und den Fachkräftemangel auszusitzen, und forderte "moderne und zeitgemäße Formen der Betreuung. Das ist eine essenzielle Zukunftsaufgabe.“

▶︎ Nicole Westing (FDP) wies Forderungen nach einer Bürgerversicherung zurück. Sie sehe die in immer kürzeren Zeiträumen auftretenden Finanzprobleme der Pflegeversicherung mit großer Sorge. Laut Westing wird eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung mit mehr Kapitaldeckung und einer verpflichtenden Zusatzvorsorge benötigt. Sie warb für eine offene Diskussion darüber, um „die Pflege auf sichere Füße zu stellen“.

▶︎ Claudia Moll (SPD), Pflegebeauftragte der Bundesregierung, warnte: Wenn die häusliche Pflege wegen Überlastung wegbräche, kämen auf die Gesellschaft sehr hohe Kosten zu. Daher sei es sinnvoll, Steuermittel für die Pflege freizugeben. Außerdem müssten die Leistungen individueller, flexibler und niedrigschwellig angeboten werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sei „das Ende der Fahnenstange" aber noch nicht erreicht. Pflege müsse ganz neu gedacht werden, forderte Moll. Die Pflegebedürftigen und ihre Betreuer hätten „Respekt und einen Steuer-Doppel-Wumms verdient“.

▶︎ Erich Irlstorfer (CDU/CSU) kritisierte, der vorgelegte Entwurf des PUEG könne nicht als Reformgesetz bezeichnet werden, allenfalls als Diskussionspapier. Er sieht eine Strukturreform in der Pflege als nötig an. Was die Finanzierung angehe, so müssten dabei andere Prioritäten gesetzt werden.

▶︎ Ates Gürpinar (Die Linke) beschrieb das System der Langzeitpflege in einer schweren Krise. Das Versicherungssystem sei ungerecht und werde nicht angegangen. Die geplante Anhebung der ambulanten Leistungen sei angesichts der hohen Inflation völlig unzureichend. Gürpinar sagte mit Blick auf den Gesetzentwurf: „Der Vorschlag ist schlecht, und das war erwartbar.“

Der Antrag der Linken

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag „Gute Pflege stabil finanzieren“ eine „nachhaltige und gerechte Finanzierung“ der sozialen Pflegeversicherung. Neben der finanziellen Sanierung der Pflegeversicherung brauche es auch bessere Leistungen für die Versicherten und bessere Löhne für die Beschäftigten in der Pflege.

Zur Gegenfinanzierung von sofortigen Leistungsverbesserungen seien übergangsweise Steuermittel des Bundes einzusetzen, heißt es in dem Antrag u.a. Die Beitragsbemessungsgrenze und die Versicherungspflichtgrenze sollten abgeschafft werden. Die Beiträge der Pflichtversicherten müssten auf alle Einkommensarten, also auch auf Kapitaleinkommen, ausgeweitet werden. Privat Pflegeversicherte sollen vollständig in das System der sozialen Pflegeversicherung einbezogen werden.

Das Pflegegeld, ambulante Sachleistungen, Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege sowie Zuschläge für langfristige stationäre Leistungen sollten um 20 Prozent angehoben werden. Alle Leistungen müssten zudem künftig jährlich entlang der aktuellen Teuerungsrate dynamisiert werden, so im Antrag weiter.





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