Ambulante Pflege: Trendbericht 2024 mit spannenden Erkenntnissen


20.09.2024 - Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat ihren Trendbericht 2024 herausgegeben. Er stellt auf knapp 100 Seiten unter dem Titel "Zwischen Burn-out, Optimierung und Systemwechsel" die Sicherheit und Gesundheit von Fachkräften in der ambulanten Pflege in den Mittelpunkt. Dabei nimmt das Konzept das Berufsfeld ganzheitlich in den Blick und beleuchtet positive wie negative Einflussfaktoren.

Der vorliegende Bericht zeichnet ein ambivalentes Bild von der Situation in der ambulanten Pflege mit Licht- und Schattenseiten. In der Studie lautet das Fazit am Ende: „Gesunde ambulante Pflege ist möglich, Verbesserungen sind selbst kurzfristig erreichbar, auch wenn umfassende Lösungen mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen.“

Seit 2017 werden mehr Menschen in Deutschland ambulant als stationär gepflegt. Tendenz: weiter steigend – aufgrund des demografischen Wandels und des politischen Vorrangs der ambulanten gegenüber der stationären Pflege.

Zwischen 2011 und 2021 hat die Zahl der Beschäftigten in ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten um 52 Prozent von 290.700 auf 442.999 Personen zugelegt, viele von ihnen arbeiten allerdings in Teilzeit. Für den gleichen Zeitraum wurde ein Zuwachs an Betrieben von 25 Prozent verzeichnet; bei Einrichtungen in privater Trägerschaft liegt der Zuwachs sogar bei 34 Prozent.

Fachkräfte in der ambulanten Altenpflege verdienten seit 2021 laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit einem mittleren Lohn von 3.611 Euro mehr als der Durchschnitt aller Beschäftigten auf Fachkräfteniveau mit 3.383 Euro. Allerdings liegt die ambulante Altenpflege in der Bezahlung noch etwas hinter der stationären Altenpflege zurück.

Diese Nachrichten werden als positiv gewertet, es gibt auch aber Kritisches zu berichten. Zum Beispiel hat der Druck auf die Fachkräfte in der ambulanten Pflege zugenommen: Während sich 2011 noch 50,4 Pflegekräfte um 100 Pflegebedürftige kümmerten, waren es 2021 nur noch 42,3 Pflegekräfte. "Der Beschäftigungsanstieg hat mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt gehalten", schreiben die Autor*innen. Bis zum Jahr 2040 werden nach Schätzungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zusätzlich 97.000 bis 183.000 Pflegekräfte in der ambulanten Pflege benötigt.

Und wie steht es um die Berufsgesundheit in der ambulanten Pflege? Der Fachkräftemangel, die Arbeitsverdichtung und sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen gehen an den Beschäftigten nicht spurlos vorüber. Viele sind mit ihrem Einkommen zwar zufrieden, aber die Arbeitszufriedenheit insgesamt ist zwischen 2019 und 2023 auf einer Skala von 0 bis 10 von 5,8 auf 5,4 gesunken. In der Studie wird das als "Alarmsignal" gewertet, "am meisten drücken Zeitdruck und Bürokratie die Arbeitszufriedenheit", heißt es.

Bei bei den Arbeitsbedingungen spielen befristete Verträge mit zuletzt zwei Prozent kaum noch eine Rolle. Auch überstünden mussten zwischen 2019 und 2023 seltener geleistet werden, hier sank der Anteil von 77 auf 69 Prozent. "Auch der Anteil der Beschäftigten mit Wechselarbeitszeiten ging leicht zurück." Dennoch ist der Anteil derjenigen, die sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, im gleichen Zeitraum von 24 auf 28 Prozent gestiegen. "Die enge Personaldecke sorgt dafür, dass knapp ein Drittel der ambulanten Pflegekräfte ´sehr oft` ungeplant einspringen muss. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 betrug dieser Anteil ein Viertel", heißt es weiter. Fazit: "In der Summe bleibt die Lage bei den Arbeitsbedingungen sehr angespannt. Als wirksamste Mittel für Dienstplanstabilität werden der Aufbau von Springer-Pools und die Pflege einer guten Teamkultur angesehen."

Korrespondierend mit den Arbeitsbedingungen, "sind die Beschäftigten in der ambulanten Pflege mit durchschnittlich 30 Fehltagen im Jahr 2023 noch wesentlich häufiger krank als vor der Covid-19-Pandemie. Sie fehlten 2023 rund elf Tage mehr als der Durchschnitt der Erwerbstätigen." Wer hätte das gedacht: "Für eine wirksame Verbesserung der Berufsgesundheit kommt es aus Sicht der befragten Fachleute und Leitungspersonen vor allem darauf an, mehr Fachkräfte zu gewinnen", so das Fazit in der Zusammenfassung.

Weitere Ansätze zur Entlastung, z.B.:
- mehr Autonomie der Pflegefachkräfte im Einsatz vor Ort
- Aufbau von Springer-Pools
- Stärkung der gegenseitigen Akzeptanz der verschiedenen Altersgruppen in der Belegschaft
- mehr Einsatz von Digitalisierung
-bessere Vernetzung und Einarbeitungskonzepte

Der Trendbericht 2024 analysiert in sechs Kapiteln sehr genau, zieht in Kapitel 7 ein Fazit und gibt einige Empfehlungen. Die Publikation ist für Leitungskräfte in ambulanten Diensten ganz sicher eine hochinteressante Lektüre. Foto: Ausschnitt aus dem Titel der Publikation

Hier der Trendbericht 2024

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